846. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Unsere Finanzpolitiker haben einen neuen Trick, ihr immer mutigeres Schuldenmachen zu tarnen. Sie sprechen nicht mehr von Milliarden, weil das stets große Zahlen sind, sondern von Billionen, weil das nur kleine Zahlen gibt. Das sieht gleich viel besser aus, zumal sich kaum jemand vorstellen kann, wie viel eine Billion ist, nämlich tausend Milliarden. Das Ausweichen auf die Billionen ist als Verwirrspiel perfekt, weil es uns internationale Vergleiche unmöglich macht. Denn bei den Amerikanern und Engländern ist eine Billion nur eine Milliarde, während sich dort für die tausend Milliarden, also unsere Billion, die Bezeichnung Trillion durchgesetzt hat. Und die Chinesen sowie die Inder zählen noch anders.

 

Kein Böllerverbot fürs Jahresende. Mit diesem scheinbaren Entgegenkommen für Silvester-Knallköppe bewahrt die Regierung unsere Polizisten wenigstens davor, dass ihnen im kommenden Jahr bei ihren Einsätzen die gesamte Böllerproduktion des Jahres 2020 um die Ohren fliegt.

 

Dem Leiter eines Koch-Instituts verzeiht man, dass er den Namen seines Ladens nicht richtig schreiben kann. Hauptsache ist, er kann gut kochen. Deshalb hier ohne jeden Vorwurf nur eine kleine Hilfestellung: Nicht mehr diese legasthenische Bezeichnung Robert Koch-Institut schreiben, die von vielen Journalisten unbesehen übernommen wird, sondern korrekt mit angehängtem Genitiv-S schreiben: Roberts Koch-Institut. Oder sollte vielleicht ganz was Anderes gemeint sein?

 

Neuerungen sind nicht immer tolle Errungenschaften. Demnächst, so hat unsere  Bundesregierung beschlossen, soll es keine Rasse mehr geben und deshalb der Begriff Rasse aus dem Grundgesetzt entfernt werden. Gleichzeitig wurde beschlossen, eine neue Behörde zu etablieren, nämlich den Bundesbeauftragten gegen Rassismus. Das ist dann der Kämpfer gegen die intensivierte Vorstellung  von etwas, das es überhaupt nicht gibt. Was an den Windmühlenbekämpfer Don Quichote de la Mancha erinnert. Klassisch!

 

Sprachwissenschaftler machen es sich einfach, wenn sie sich für etwas Gutes bedanken. Weil sie wissen, dass das Wort danken von dem Wort denken abgeleitet ist, denken sie einfach gut von dem, der ihnen Gutes getan hat. Damit ist man quitt, meinen sie. Noch schlimmer die Wirtschaftswissenschaftler, die bekanntlich alles nach seinem Geldwert beurteilen. Für sie ist jedes Danken ein Bezahlen mit Falschgeld, das man nicht zurückweisen kann. Deshalb danken sie möglichst oft, halten aber nichts von Dank, den man ihnen sagt. 

 

Mit rund zweihundert Theatern ist Deutschland weltweit führend in der Erhaltung dieses Retro-Massenmediums, und das weitgehend aus dem Steueraufkommen. Doch jetzt machen die Theaterleute Theater wegen der coronabedingten vorübergehenden Schließung der Theater. Was wird uns dadurch aber auch alles vorenthalten an nackten Ärschen und wedelnden  Brüsten auf den Brettern, die die Welt bedeuten, und was fehlt uns jetzt alles an wüstem Geschrei sowie an perfekt öffentlich vorgeführten Vergewohltätigungen und Vergewaltigungen.  

 

Bei einer Versteigerung in London ist jetzt ein Gemälde des ehemaligen Premierministers Winston Churchill für den Rekordpreis von 1,1 Millionen Euro zugeschlagen worden, obwohl allgemein bekannt ist, dass es sich um bloße Amateurmalerei handelt. Das ist ein neuer Beleg für die These: Kunst kommt heutzutage nicht mehr von Können; Kunst wird unterstellt, sobald ein bekannter Name hinter einem Werk steht, egal, woher bekannt.

 

Und wieder wird eine Erhöhung des Zwangsbeitrags für Radio und Fernsehen diskutiert. Dabei bieten die Rundfunkanstalten unerschrocken weiterhin auch Murks. Beispielsweise Naturfilme, in denen der informative Kommentar durch unnötige Musik zugedröhnt wird. Oder in dem Film Ökozid, der einen Blick in unsere Zukunft warf, die ins Deutsche übersetzten Untertitel von englischen Äußerungen. Winzig und in Weiß auf fast immer hellem Untergrund, also für niemanden hilfreich. Sowas habe ich damals, als Chef vom Dienst beim WDR-Fernsehen, nicht durchgehen lassen. Aber in den angeblich kaputtgesparten Rundfunkanstalten gibt es wohl keine Leute mehr, die die Beiträge abnehmen, ehe man sie sendet.

 

Im Fernsehen den Krimi gesehen „Das letzte Problem“, zu dem Daniel Kehlmann das Drehbuch geschrieben hat. Durchaus spannend und auch eindrucksvoll gespielt, aber letztlich nichtssagend. Offenbar sollte dieser Film, von der Geschichte der Romanform Krimi her gesehen, die Reihe der bis an die Grenze der Kuriosität gehenden ultimativen Kriminalromane fortsetzen. Eine frappierende Weiterentwicklung des Kriminalromans haben im vorigen Jahrhundert zwei Autorinnen gebracht: Zunächst die ungarisch-britische Baroness Emma Orczy mit ihrem Krimi „The Old Man in the Corner“, in dem der Detektiv, der mit allen Kräften um Aufdeckung des Verbrechens bemüht zu sein scheint, selbst der Mörder ist. Eine Steigerung gelang der Britin Agatha Christie mit ihrem Krimi „The Murder of Roger Ackroyd“, der auf Deutsch unter dem Titel „Alibi“ erschien. Darin verrät uns der Arzt und Ich-Erzähler erst am Ende, dass er selbst der Mörder ist. In dem Film „Das letzte Problem“ wird ebenfalls der spätere Aufklärer zum Mörder, in diesem Fall, um aufklären zu können. Also doch bloß das alte Motiv des pyromanen Feuerwehrmanns. Kehlmann kannte wohl nicht die weitere Steigerung der Krimiform, die das Buch „Das Mannheimer TT ermittelt“, erschienen 2015, schon geschafft hat. Darin wird die Kuriosität des Krimis auf die Spitze und zur Absurdität getrieben. Denn die Romanfigur Ewald – pardon, aber mehr darf hier nicht verraten werden.

 

 

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