782. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Liebe Freunde des Denkvergnügens, was haltet Ihr hiervon:

 

 

Kürzlich habe ich bei Facebook auf einem Foto gesehen, dass die Stadt Hannover einen „Spielplatz für Kinder und Kinderinnen“ ausgeschildert hat. Da wusste ich plötzlich nicht mehr, worüber ich den Kopf schüttelte. Über Hannover, über die Facebookler oder über mich selbst?

 

Moral habe in der Politik nichts zu suchen, hat der ehemalige amerikanische Außenminister Kissinger einmal gesagt. Recht hat er, sofern er die Staaten als Handelnde sieht, nicht die einzelnen Politiker. Denn Staaten handeln nicht nach moralischen Maßstäben, sondern nur nach dem nationalen Interesse an Größe, Macht, Wohlstand, Einfluss und Wachstum. Die moralischen Maßstäbe bleiben den Regierten überlassen. Wie ernst wir sie nehmen, das zeigt den einzelnen als einen der Großen oder als den typischen Kleinen Mann.

 

Geradezu überfallartig haben unsere Regierenden sich mal wieder aus dem Steuertopf bedient. Sie haben einfach per Gesetz die zwielichtige Parteienfinanzierung um viele Millionen Euro aufgestockt, statt sie abzuschaffen. Die Oppositionsparteien, die dagegen gestimmt haben, konnten das in der Gewissheit tun, dass sie die zusätzlichen Gelder bekommen werden. Und sie dachten gar nicht daran, diese Gelder für einen guten Zweck zu spenden. Diese übertriebene Parteienfinanzierung in einer Zeit, da man von immer mehr Ländern erfährt, in denen die Bürger ihrer Regierung wehrlos ausgeliefert sind. Wir müssen uns endlich klarmachen, dass unsere Parteien nur private Vereine sind, keine staatlichen Institutionen und keine Organe des Staates. Deshalb könnte jeder Taubenzüchterverein genauso das Recht einfordern, sich aus dem Steuertopf zu sanieren, wenn sein Vorstand ihn heruntergewirtschaftet hat.

 

Prof. Dr.  Hermann Parzinger, Berlin, sieht im Gebrauch des steinernen Faustkeils die erste große Erfindung des Urmenschen. Der habe dadurch die Möglichkeit gewonnen, Tiere zu zerlegen und ihr Fleisch zu essen. Infolge der besseren Ernährung habe der Homo erectus ein immer größeres Gehirn entwickeln können, was ihn zu immer erstaunlicheren Intelligenzleistungen befähigte. Wenn es bei dieser Entwicklung auch um gewaltig große Zeiträume geht, frage ich mich doch besorgt, ob wir mit der modisch gewordenen veganen Ernährung schon auf dem Rückweg sind, also Gefahr laufen, Schrumpfgehirne zu bekommen und total zu verdummen. 

 

Wie angenehm, sich an den Sommertag auf dem Boulevard zu erinnern: Wie Perlen aufgereiht Frauen, so auf schön gemacht, dass man aufspringen und hinterherlaufen möchte. Nein, lieber abwarten, bis sie zurückkommen und irgendwann ihre Gesichter zeigen. Doch die sind dann entweder zum Davonlaufen oder zum Anstimmen eines Klageliedes über die grenzenlosen Verirrungen der Zivilisation. Da hilft auch nicht, sich die Männer anzuschauen, die hinter ihren Frauen her trotteln. Die Bildzeitungslesergesichter so ernst, dass man platzen könnte vor Lachen. Wie hieß er noch, der belgische Maler, der die Flanierenden als Maskenmenschen verewigt hat? – Ja, das war James Ensor. Recht hatte er.

 

Nüchtern betrachtet: Es gibt viele Römer, denen das Kolosseum neben ihrem Alltagskram soviel bedeutet, wie vielen Kölnern der Dom, nämlich nichts. Wenn die Leute da und dort schon immer nur mit ihrem Alltagskram so beschäftigt gewesen wären wie heute, gäbe es weder das Kolosseum in Rom noch den Kölner Dom. – Und kein Mensch hätte das Gefühl, dass ihm damit etwas fehlt.

 

Auf Kreuzfahrt in den Hohen Norden, und schon am zweiten Tag das schreckliche Gefühl, ein Nachfolger der ignoranten Kolonisten zu sein. Weil ich mich vom Morgen bis in die Nacht umgeben und wortlos bedient sehe von Menschen mit dunklerem Teint oder anderer Augenform. Südseegesichter, afrikanische Gesichter, Männer und Frauen aus Malaysia, Indien und von den Philippinen. Und dieses servile Gehabe rundum. Man schaut mir jeden Wunsch von den Augen ab, ich brauche nur einen Wink zu geben, ich deute bloß an, was ich will. Und will möglichst gar nichts. Ich will nicht die Peitsche schwingen und entscheide doch über das Wohl und Wehe dieser fremden Menschen und ihrer fernen Ehepartner und Kinder und der ganzen Großfamilie. Ich beherrsche sie mit den Trinkgeldern, die ich gebe. Peinlich, peinlich.

 

Auf der Fahrt nach Spitzbergen geraten die Tageszeiten aus den Fugen. So könnte man das Verschwinden der gewohnten Ordnung von Hell und Dunkel bezeichnen. Denn diese Helligkeit ist nicht mehr die Schwester der Dunkelheit, nicht mehr ihr Pendant und ihre Alternative, durch die sie definiert wird. Hier herrscht eine beständige, eine hartnäckige Helligkeit, die sich nicht vertreiben lässt. Und um festzustellen, wann denn nun der Tag zu Ende ist und die Nacht beginnt, muss ich die Uhr um Hilfe bitten. Was für eine Überraschung: Nirgends ist die Uhr wichtiger als hier, wo die Natur uns nur noch das knappe Sommerhalbjahr mit Helligkeitsüberfluss und das reichlich bemessene Winterhalbjahr voller Dunkelheit lässt.

 

Für im Rhein-Neckar-Raum wohnende Literaturfreunde: Ich unterhalte mich mit Ihnen und lese am Samstag, dem 30. Juni 2018, im Buchladen Lindenhof aus meinem Buch „Karibik ohne Kannibalen“. Ort: Mannheim-Lindenhof, Gontardplatz 7 (hinterm Hbf), Beginn 19:00 Uhr, Eintritt inkl. kleiner Stärkung 10,- Euro, eine Veranstaltung in exquisiter Runde, für die eine Anmeldung unbedingt erforderlich ist: buero@buchladen-lindenhof.de oder Tel. 0621-97606756.

 

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