751. Ausgabe

Passiertes! – Passierte es?

 

Ob in Syrien, im Irak oder im Jemen: Wenn bei Luftangriffen der selbsternannten Weltpolizisten USA und Russland Zivilisten getötet wurden, finde ich das in der Zeitung prompt als Schreckensmeldung, durch den Hinweis verstärkt, dass unter den Opfern auch Frauen und Kinder seien. Dass Männer nicht so wichtig sind wie Frauen und Kinder, muss ich hinnehmen. Schwerer hinnehmbar ist für mich die Erinnerung an den permanenten und flächendeckenden Bombenterror im Zweiten Weltkrieg. Mit in den USA entwickelten Spezialbrandbomben, die jedes Mietshausdach durchschlugen und das ganze Haus ausräucherten. Das war ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung, der die wehrlosen Menschen – damals vor allem Frauen und Kinder, weil die Männer an der Front waren – zu Zigtausenden tötete, und das nicht irrtümlich, sondern in voller Absicht. Angeblich um die Bevölkerung zu demoralisieren. Dabei konnte von Moral längst keine Rede mehr sein, auf keiner Seite.

Bei manchem Bericht, den ich in der Zeitung lese, muss ich an den Untergang des Abendlandes denken. Doch wenn ich weiterblättere, ist der Untergang schon vergangen.

Die Wüste Negev im Süden Israels soll bewaldet werden, erfahre ich aus dem Magazin der Süddeutschen Zeitung.  Dafür kommen seit einem Vierteljahrhundert große Beträge deutscher Spendengelder nach Israel, womit Holocaust-Gedenkwälder gepflanzt werden, auch auf Land, das nachweisbar sesshaft gewordenen Beduinenfamilien gehört. Die werden gewaltsam verdrängt, ihre Behausungen werden abgerissen, ihre Pflanzungen plattgewalzt. Mehr als eine halbe Million Bäume wachsen bereits zur Beruhigung des schlechten Gewissens der Deutschen in der Wüste. Mit Gedenktafeln aller 16 Bundesländer bestückt und mit manchem Politikernamen geschmückt, doch für die vertriebenen Beduinen interessiert sich niemand. – Peinlicher geht’s nicht.

Und noch mehr imponierende Zahlen: 1960 waren in Deutschland 4,5 Millionen Autos zugelassen, heute sind es zehn Mal mehr. Jetzt verstehe ich, warum Autobahn-Fahren heute heißt Im-Stau-Stehen. Aber die Politik will ja was dagegen tun. Siehe allgemeine Mautpflicht.

Die Landesmedienanstalten haben eine neue Einnahmequelle entdeckt. Sie verlangen, dass jeder, der regelmäßig Beiträge im Internet, vor allem auch in YouTube anbietet, die von mehr als 500 Nutzern gleichzeitig abgerufen werden, dafür eine Rundfunklizenz beantragt. Diese kostet etliche Monate Geduld und einige tausend Euro. Ein Schock für Kreative. Schon gibt es Überlegungen, wie man dem Zwang ausweichen kann. Etwa indem man einfach auf die Regelmäßigkeit des Angebots verzichtet. Besser noch, man macht ein so anspruchsvolles Angebot, dass man unter der Mindestzahl von Nutzern bleibt. So wird Behördenwillkür zum Qualitäts-Tuner.

Wieder hatte ich vergessen, Klebeband oder einen Hafthaken mitzunehmen, als ich mit dem ICE fuhr. Damit hätte ich im Speisewagen meine Jacke an die Wand hängen können. So blieb mir nur, mich draufzusetzen und den Kopf zu schütteln, über Leute, die so dumm planen und konstruieren und ein Ergebnis begutachten, abnehmen und bezahlen, bei dem lediglich am Ende des Wagens, für die Hälfte der Fahrgäste im Rücken, ein paar Kleiderhaken angebracht sind. Wer da hinten seine Jacke mit Brieftasche und Fahrschein aufhängt, müsste ja genauso blöd sein wie die Wagen-Konstrukteure und die Einkäufer der Bahn.

Die Gendergerechtigkeitsfanatisierenden schlagen wieder zu: Das Verkehrszeichen Wildwechsel, das einen springenden Hirsch zeigt, soll weg. Stattdessen soll eine Hirschkuh auf das Schild. Als ob der Austausch weiblich gegen männlich der Gerechtigkeit auch nur ein Schrittchen näher käme. Besser wäre wohl, das Schild einfach zu vergrößern und eine ganze Herde von wildwechselnden Hirschartigen zu zeigen, ihr lieben Gleichstellungsauftragabsurdierenden.

In der Journaille findet sich die Feststellung, Jugendliche wendeten sich vom Rauchen ab, – und große Verwunderung. Was mich wundert. Ist doch überall zu sehen: Die früher fast permanent eine Zigarette in der Hand brauchten, was ihnen über die Unsicherheit hinweghalf, haben heute ebenso permanent ihr Smarty in der Hand. Habituelles ist immer austauschbar.

Oft höre ich die Bemerkung, mein Kulturthriller „Hypogäum – Triumph der  Buchumschlag_Hypogäum3Venus von Malta“ sei bei aller Spannung auch eine Art Malta-Reiseführer. Okay, das kommt davon, wenn man sich dort mehrfach zu intensiven Recherchen herumtreibt. Aber den Reiseführer-Tipp gebe ich gerne weiter. Für alle, die einen Malta-Urlaub planen. Und auch für die anderen, die es nicht auf diese höchst interessante Insel mit den ältesten erhaltenen Bauwerken der Menschheit schaffen.

 

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